Berichte 2016

Senkung der im Spital erworbenen Infektionsraten

Rund 75’000 hospitalisierte Patientinnen und Patienten in der Schweiz erleiden jährlich während eines Spitalaufenthalts eine infektiöse Komplikation. Vor allem operative Eingriffe, die Einlage von Gefäss- oder Urinkathetern und künstliche Beatmung sind mit einem Infektionsrisiko verbunden. Einige Patienten stecken sich im Spital mit resistenten Bakterien, Influenza oder Durchfallerregern an. Diese im Spital erworbenen Infektionen (nosokomiale Infektionen) können zu verlängerten Spitalaufenthalten führen mit zusätzlichen Interventionen und hohen Kosten für das Spital und die Betroffenen. Im schlimmsten Fall stirbt der Patient an den Komplikationen. Verschiedene Studien zeigen, dass sich zwischen 20 % und 70 % der nosokomialen Infektionen (abhängig von der Infektionsart) verhindern liessen.

2016 wurde am USZ das ehrgeizige Ziel formuliert, bis 2018 die Rate der nosokomialen Infektionen auf 5 % zu senken. Damit startete die 5%-Offensive gegen die fünf häufigsten Infektionsarten. Das Team der Spitalhygiene am USZ hat ein Metrik-System erarbeitet, das die Infektionsrate und den Umsetzungsgrad von je zwei wichtigen Präventionsmassnahmen permanent misst. Diese Resultate dienen der Steuerung und Erfolgsmessung der 5%-Offensive. Die Klinikverantwortlichen setzen die bekannten Präventionsmassnahmen nun in ihren Bereichen um.

Jährliche Punktprävalenzmessung am USZ

Das Team der Infektionsprävention und Spitalhygiene führt seit 2013 an einem Stichtag jeweils im April jährliche Punktprävalenzmessungen von nosokomialen Infektionen am USZ durch. 2017 fand die Messung im Rahmen der ersten in der Schweiz durchgeführten «Punktprävalenz-Erhebung der Healthcare-assoziierten Infektionen und des Einsatzes antimikrobieller Mittel in Schweizer Akutspitälern 2017» statt. Die Punktprävalenzmessung erhebt den Anteil an einem bestimmten Tag hospitalisierter Patienten, die eine nosokomiale Infektion aufweisen.

 

Punktprävalenz von Patienten mit einer nosokomialen Infektion

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, Dr. med. Aline Wolfensberger

2013 bis 2016 lagen die Infektionsraten am USZ zwischen 7.9 % und 8.8 %. Im Jahr 2017 hat die Prävalenz der nosokomialen Infektionen mit 6.4 % abgenommen. Im nationalen Vergleich lag damit die Infektionsrate am USZ deutlich tiefer als im Durchschnitt der 11 Schweizer Spitäler mit tertiärer Versorgung (7.5 %).

Im Jahr 2017 liessen sich bei 51 von 799 untersuchten Patienten 56 nosokomiale Infektionen nachweisen. Die Grafik zeigt die Verteilung der verschiedenen spitalerworbenen Infektionen.

Anzahl und Verteilung der spitalerworbenen Infektionen

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, Dr. med. Aline Wolfensberger

Wundinfektionen
Pneumonien & Infektionen der unteren Atemwege
Harnwegsinfektionen
Bakteriämien
Infektionen des Gastrointestinaltrakts
Systemische Infektionen
Andere Infektionen

Postoperative Wundinfekte und Umsetzungsgrad der präventiven Massnahmen

Postoperative Wundinfektionen sind die häufigsten nosokomialen Infektionen am USZ. Ihre Folgen sind für die betroffenen Patientinnen und Patienten oftmals schwerwiegend.

Eine kontinuierliche Inzidenzmessung von postoperativen Wundinfektionen in der Herz- und Gefässchirurgie und der Viszeralchirurgie im Rahmen der Swissnoso/ANQ SSI (Surgical Site Infection) Surveillance wird alljährlich publiziert.

Postoperative Wundinfekte und Umsetzungsgrad der präventiven Massnahmen

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, PD Dr. med. Stefan Kuster

Eingriff USZ 2014 USZ 2015 USZ 2016 USZ 2017 «übrige Schweiz» 2017 Unterschied für 2017 signifikant*
Anzahl (%) Anzahl (%) Anzahl (%) Anzahl (%) Anzahl (%)
Appendektomie 1 (0.8%) 0 (0%) 1 (1.0%) 5 (3.3%) 119 (2.2%) Nein
Kolonchirurgie 7 (6.3%) 3 (4.5%) 6 (7.8%) 16 (13.4%) 596 (9.2%) Nein
Herzchirurgie 25 (3.2%) 11 (2.7%) 23 (3.8%) - 94 (2.8%)** Nein

Kolonchirurgie

USZ 2017 «übrige Schweiz» 2017
16 (13.4%) 596 (9.2%)

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Die herzchirurgischen Eingriffe erfordern eine Überwachungsdauer von zwölf Monaten; deshalb sind die Zahlen von 2017 noch nicht verfügbar.

* Signifikanz zwischen USZ und übrigen Spitälern der Schweiz im Jahr 2017, rsp. 2016 für die Herzchirurgie.

** Vergleichswert «übrige Schweiz» aus dem Jahr 2016.

Bei der Swissnoso/ANQ SSI Surveillance zeigten sich im Vergleich zur Vorperiode keine signifikanten Veränderungen.

Der Anteil der korrekten Applikationen der Antibiotikaprophylaxe in allen OP-Abteilungen von April bis Oktober 2017 betrug 71 %. Der Anteil der korrekten Einhaltung der Normothermie-Richtlinie von mindestens 36°C in allen OP-Abteilungen von April bis Oktober 2017 betrug 58 %. Beide Werte zeigen den Verbesserungsspielraum dieser Prozessparameter auf, die im Rahmen der etablierten Metrik der 5%-Offensive gemessen werden.

Urinkatheter-assoziierte Harnwegsinfektionen (CAUTI)

Seit 2015 gibt es am USZ eine vollautomatische Überwachung von CAUTI. Die Rohdaten dafür werden laufend aus dem hauseigenen Klinikinformationssystem KISIM extrahiert. Die Patienten mit Urinkatheter werden in jedem Stationsbüro via elektronisches Dashboard in Echtzeit für die Behandlungsteams sichtbar gemacht und so wird ein allfälliger Interventionsbedarf aufgezeigt.

CAUTIs / 1000 Patiententage

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, PD Dr.med. Stefan Kuster

Im Jahr 2017 wurden 130 Urinkatheter-assoziierte Harnwegsinfektionen detektiert. Dies entspricht einer Infektionsrate von 0.46 CAUTI/1’000 Patiententage. Zum Vorjahr hat sich die Rate um 15 % reduziert. Die Katheter-Anwendungsdichte betrug im Gesamtspital 0.15 Kathetertage/Patiententag. Mit diesen Zahlen liegt das USZ im internationalen Mittelfeld.

Die Reduktion der CAUTI im Vergleich zu 2016 kann auf verschiedene infektpräventive Aktionen zurückgeführt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Einführung einer Richtlinie mit spezifischen Infektionspräventionsmassnahmen sowie das Pilotprogramm «progress! Sicherheit bei Blasenkathetern» der Stiftung patientensicherheit schweiz. Das Programm hatte zum Ziel, die Verwendung von Blasenkathetern zu reduzieren und damit das Infektions- und Verletzungsrisiko zu senken.

Die spitalweite Einführung der Indikationsliste für Urinkatheter und deren tägliche Evaluation sind Massnahmen der 5%-Offensive, die zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden im Umgang mit Urinkathetern führen sollen und somit eine Reduktion von Urinkatheter-assoziierten Infektionen zur Folge haben werden.

Zentralvenenkatheter (ZVK-)assoziierte Bakteriämien (CLABSI)

Die Infektionsprävention und Spitalhygiene des USZ überwacht seit 2015 semiautomatisiert die Zentralvenenkatheter-assoziierten Bakteriämien in Analogie zur Überwachung der Urinkatheterinfektionen.

CLABSIs / 1000 Patiententage

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, Dr. med. Peter Schreiber

Im Jahr 2017 fanden sich am USZ 72 CLABSI. Dies entspricht einer Infektionsrate von 0.25/1’000 Patiententage. Zum Vorjahr entspricht dies einer Reduktion um 26 %. Im internationalen Vergleich sind diese Werte gut, die Anwendungsdichte der ZVK von 0.20 Kathetertagen/Patiententag eher hoch.

In Analogie zur Prävention Urinkatheter-assoziierter Harnwegsinfektionen wird eine spitalweite Einführung einer Indikationsliste für ZVK und deren tägliche Evaluation im Rahmen der 5%-Offensive erfolgen mit dem Ziel einer Reduktion von ZVK-assoziierten Bakteriämien.

Spitalerworbene Pneumonien

Ventilator-assoziierte Pneumonien

Die Ventilator-assoziierte Pneumonie (VAP) ist die häufigste nosokomiale Infektion auf Intensivstationen. Dazu liegen noch keine USZ-weiten Daten vor.

Pneumonien bei nichtventilierten Patienten

nvHAP (non-ventilator-associated hospital-acquired pneumonia) gehören zu den häufigsten spitalerworbenen Infektionen. Seit dem Jahr 2017 führt das USZ als schweiz- und weltweit erstes Spital eine kontinuierliche Surveillance dieser Infektion durch. Das Bundesamt für Gesundheit unterstützt am USZ das Projekt «Prevention Bundle for non-ventilator- associated hospital-acquired pneumonia (nvHAP)». Das Ziel dieses Projektes ist es, ein Massnahmenbündel zur Prävention von nvHAP zu entwickeln, dieses zu implementieren und seine Wirksamkeit zu evaluieren.

Von den 41’851 Patienten, die im Jahr 2017 aus dem USZ entlassen wurden, entwickelten 254 eine nvHAP. Dies entspricht einem Anteil von 0.6 %. Es liegen keine internationalen Vergleichsdaten vor.

Händehygiene

Die Händedesinfektion ist eine der wichtigsten Massnahmen, um die Übertragung von Erregern zu verhindern. Die verbrauchte Menge (in ml) von Händedesinfektionsmittel (HDM) pro Pflegetag liefert Angaben über die korrekte Umsetzung. Ergänzend dazu wird durch direkte Beobachtungen die Händehygienecompliance nach den «vier Momenten der Händehygiene» erfasst.

Der Verbrauch von HDM ist von Abteilung zu Abteilung (Intensivstation [IPS], Intermediate Care [IMC], Normalstation) unterschiedlich, was die medizinische Aktivität in diesen Organisationseinheiten widerspiegelt. Über alle Abteilungen ist der Verbrauch über die Jahre hinweg tendenziell ansteigend. Im internationalen Vergleich sind diese Verbrauchszahlen am USZ überdurchschnittlich hoch, wobei noch immer deutliches Verbesserungspotential besteht (Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals 2011–2012).

Händealkoholverbrauch

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, Marie-Therese Meier

Durchschnittlicher Verbrauch pro Tag und Patient in ml 2017 2016 2015 2014
Intensivstationen und Neonatologie 274 258 245 242
Intermediate Care Stationen (IMC) 174 178 152 150
Bettenstationen 63 61 56 52

Intensivstationen und Neonatologie

Durchschnittlicher Verbrauch pro Tag und Patient in ml
2017 2016
274 258

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Erscheinungsbild

Das Erscheinungsbild der Mitarbeitenden bezieht sich auf geltende Regeln zur Bekleidung, zur Körperhygiene und zum Tragen von Schmuck. Es geht bei den Regeln des Erscheinungsbilds sowohl um Hygieneaspekte (tägliches Wechseln der Kleider, Vermeiden von langen Ärmeln, welche die Keimübertragung erleichtern) als auch um das Image des USZ als professionelle Institution. Wir sehen die korrekte Bekleidung als sichtbares Bekenntnis zur Patientensicherheit.

Prozentualer Anteil der Mitarbeitenden mit korrektem Erscheinungsbild

Quelle: Spitalhygiene, Prof. Dr. med. Hugo Sax, Leiter, Dr. med. Aline Wolfensberger

Nägel: kurzgeschnitten, keine künstliche Fingernägel, kein Nagellack

Schmuck: keine Ringe, Uhren, Armbänder, lange Halsketten oder Schal

Haare: maximal schulterlang oder hochgesteckt

Handgelenke: frei, keine Ärmel über Handgelenke

Kleidung: private Kleidung vollständig von Dienstkleidung bedeckt, Mantel mind. 1 Knopf über Privatkleidung geschlossen

Schutz der Patienten vor viralen Atemwegserkrankungen

Respiratorische Viren treten saisonal gehäuft in der Winterzeit auf, sie sind aber ganzjährig für Atemwegserkrankungen verantwortlich. Die Übertragung von respiratorischen Viren im Spital muss verhindert werden. Die Patientenpopulation eines Akutspitals ist besonders gefährdet für schwere Verläufe dieser Infektionen. Neben Isolationsmassnahmen und persönlichen Schutzmassnahmen sind die sogenannte «Hustenetikette» (Maske tragen bei Erkältungssymptomen, zu Hause bleiben bei Fieber usw.) und die Grippeimpfung für Spitalmitarbeitende wichtige Massnahmen, um Übertragungen zu verhindern.

Alljährlich wird am USZ eine sogenannte «Antiviruskampagne» durchgeführt. Sie wendet sich an Mitarbeitende, Patienten und Besucher und berücksichtigt alle Präventionsaspekte im Kampf gegen respiratorische Viren.

Grippe-Impfstatistik 2017

Quelle: Klinik und Poliklink für Innere Medizin, Prof. Dr. med. Edouard Battegay, Klinikdirektor, Dr. med. Silvana Rampini Speck

2017 Anzahl Mitarbeitende Geimpft (n) Rate % 2016 Anzahl Mitarbeitende Geimpft (n) Rate %
mit direktem Patientenkontakt 5'436 1'195 22.0% 5'289 957 18.1%
Ärzte 1588 635 40.0% 1550 491 31.7%
Pflege 2932 385 13.1% 2785 314 11.3%
MTTB 916 175 19.1% 954 152 15.9%
ohne direkten Patientenkontakt 2'601 319 12.3% 2'435 233 9.6%
alle 8'037 1'514 18.8% 7'724 1'190 15.4%
2017 Anzahl Mitarbeitende Geimpft (n)
5'436 1'195

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Insgesamt ist der Anteil an Mitarbeitenden, der sich in der Saison 2017/2018 impfen liess, gegenüber dem Vorjahr leicht angestiegen. Die Impfquote ist jedoch weiterhin sehr tief, auch im Vergleich mit anderen Spitälern. In der Grippesaison 2017/2018 waren deutlich mehr Patienten mit respiratorischen Viren hospitalisiert als in den beiden Vorjahren. Dies ist wahrscheinlich in erster Linie mit dem Einsatz von besseren diagnostischen Massnahmen zur Erfassung der viralen Infektionen zu erklären. Hingegen zeigt sich eine relative Reduktion des Anteils im Spital erworbener viraler respiratorischer Infektionen.