Berichte 2016

Unerwünschte Vorkommnisse (Vigilanzen)

Das Gesetz verpflichtet Spitäler und Medizinalpersonen, vermutete unerwünschte Vorkommnisse mit Blutprodukten (Hämovigilanz), unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Pharmakovigilanz) und schwerwiegende Vorkommnisse mit Medizinprodukten (Materiovigilanz) zu melden. Unerwünschte Vorkommnisse in diesen drei Vigilanzgruppen können im USZ direkt über ein Meldeportal im Intranet gemeldet werden. Die Prozesse zur Erfassung von Meldungen, zur Weiterleitung an Swissmedic, zur internen Analyse und zur Umsetzung von Massnahmen, falls nötig, sind definiert, intern kommuniziert und sie werden regelmässig geschult.

Pharmakovigilanz: Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Die wichtigste Methode zur Erkennung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) ist das Spontanmeldesystem: Im Rahmen der Pharmakovigilanz werden UAW systematisch gesammelt und erfasst. UAW und Medikationsfehler im Spital erhöhen Patientensicherheitsrisiken signifikant. Knapp jeder zehnte Patient ist gemäss Literatur während einer Hospitalisation von einem solchen Ereignis betroffen.

Medizinische Fachpersonen und alle, die Heilmittel herstellen, gewerbsmässig verabreichen oder abgeben, sind verpflichtet, das Auftreten von schwerwiegenden oder bisher nicht bekannten UAW zu melden (Art. 59, Abs. 3 HMG). Bereits der Verdacht auf eine UAW – auch ohne klare Kausalität – reicht aus, um eine Meldung zu machen. Die Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie am USZ ist das grösste regionale Pharmakovigilanz-Zentrum der Schweiz. Das Zentrum erfasst die gemäss dem Heilmittelgesetz und der Arzneimittelverordnung meldepflichtige unerwünschte Arzneimittelwirkungen und leitet diese an das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic weiter (siehe Abb. 1).

Tab. 1: Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW)

Quelle: Klinik für Pharmakologie, Prof. Dr. med. Gerd Kullak-Ublick, Klinikdirektor, Dr. med. Stefan Weiler

2017 2016 2015 2014 2013
Anzahl der gesamten UAW-Meldungen (inklusive Follow-up-Meldungen, Meldungen aus Arztpraxen, Apotheken, externen Spitälern) 783 755 661 631 511
Davon UAW-Meldungen aus dem USZ 230 261 131 143 76
2017 2016
783 755

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Die Meldungen aus dem USZ konnten auch im Berichtsjahr auf einem hohen Meldeniveau gehalten werden durch regelmässige Informationen der Meldekriterien bei Vorträgen, Vorlesungen, in Form von Publikationen zum Schweizer Meldesystem sowie proaktive Arzneimittelvigilance.

Im Jahr 2016 haben sich die einzelnen regionalen Pharmakovigilanz-Zentren der Schweiz zu einer Kollaboration zusammengefunden, um auf relevante Themen der Arzneimittelsicherheit zu fokussieren. In der Schweizerischen Ärztezeitschrift «Swiss Medical Forum» wurde die neue Rubrik «Aktuelles aus den Regionalen Pharmakovigilanz-Zentren und Tox Info Suisse» geschaffen (Weiler S & Kullak-Ublick GA, Schweiz Med Forum 2017;17: 590-593). Tox Info Suisse hat sich beteiligt, um häufige oder spezielle Intoxikationen zu beleuchten. Damit soll einerseits das pharmakologische Wissen wiederaufgefrischt, in einen klinischen Zusammenhang gerückt und kurz und prägnant dargestellt werden, um im Endeffekt die Arzneimittelsicherheit zu verbessern, die Verordnungsqualität zu sichern und damit die Patientensicherheit in der Schweiz zu erhöhen.

2017 wurden über diese Rubrik diverse Pharmakovigilanz-Fälle kommuniziert.

Unerwünschte WirkungHeparininduzierte Thrombozytopenie Typ II
MedikamentHeparin
ReferenzSigaroudi A. Weiler S.
Schweiz Med Forum 2017; 17(33):676-677
Unerwünschte WirkungPanzytopenie
MedikamentMethotrexat
ReferenzWeiler S. Jetter A.
Schweiz Med Forum 2017: 17(2829):594-596

Arzneimittelsicherheit

Die Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie führt diverse Visiten im USZ durch, die der sicheren Anwendung von Arzneimitteln am Menschen dienen. Im Jahr 2017 wurden ca. 8’000 Patientinnen und Patienten visitiert und die auf den Stationen tätigen Ärztinnen und Ärzte nach Sichtung der Verordnungen und Krankenakten patientenbezogen beraten. Damit konnte im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung von 20 % erreicht werden. Fokus dieser Visiten sind Fragen zur Indikation, Kontraindikation, Interaktion, Dosis, Galenik und zum Arzneimittel-Therapiemonitoring. Als Ausbildungsspital hat das USZ eine hohe Personalfluktuation. Es bedarf daher einer regelmässigen Präsenz und Teaching/Wissensvermittlung vor Ort, damit ein qualitativ hochstehender und sicherer Medikationsprozess gewährleistet werden kann. Mit retrospektiven und prospektiven Studien am USZ werden neue Erkenntnisse gewonnen, die zur Verbesserung der Therapie und zur Erhöhung der Medikationssicherheit beitragen. Als Beispiel wird zur Verhinderung von Überdosierungen beim Einsatz des Hochrisiko-Medikaments Methotrexat bei nichtonkologischen Indikationen ein regelmässiger Verordnungscheck gemacht. Seit der Einführung im Jahr 2015 konnten Fälle von irrtümlich täglichen Methotrexat-Verordnungen bei stationären Patienten am USZ verhindert werden.

Hämovigilanz: Anzahl Transfusionen und Überwachung von Transfusionsreaktionen

Im Rahmen der Hämovigilanz werden unerwünschte Transfusionsreaktionen kontinuierlich überwacht. Die gesamte spitalinterne «Transfusionskette» von der Verordnung über die Bestellung bis zur Zuordnung und Dokumentation der Verabreichung wird am USZ über das elektronische klinische Informationssystem (KISIM) durchgeführt.

Auf der Grundlage des «blood patient management» sind am USZ strikte Transfusionstrigger festgelegt, deren Umsetzung in der Kommission «Blutprodukte» quartalsmässig analysiert werden.

Im Vergleich zum Vorjahr liegt die Anzahl der transfundierten Blutprodukte in einem ähnlich tiefen Bereich. Es wurden allerdings etwas mehr Thrombozytenkonzentrate verwendet. Dies ist in erster Linie auf eine zunehmende Anzahl von Patienten mit dualer Plättchenaggregationshemmung zurückzuführen, die Blutungen erleiden oder notfallmässige Eingriffe benötigen.

Es finden regelmässige Schulungen über das Hämovigilanzsystem statt, was dazu geführt hat, dass mehr Transfusionsreaktionen gemeldet wurden. Bei den insgesamt 35 gemeldeten Zwischenfällen handelte es sich in erster Linie um febrile, nichthämolytische Transfusionsreaktionen (17 FNHTR), gefolgt von 14 allergischen Reaktionen, die in erster Linie bei Thrombozytenkonzentraten oder Plasmaprodukten auftraten. Vereinzelt kam es zu Volumenüberlastung, Hypotonie oder Dyspnoe.

Fehltransfusionen traten nicht auf. Die Anzahl der Patientenverwechslungen, sogenannte Near-miss-Fälle, die vor Transfusion aufgedeckt werden, konnte auf 16 reduziert werden. Hierbei handelte es sich teilweise um «Fehletikettierungen».

Hämovigilanz: Transfusionsreaktionen

Quelle: Zentrum für Hämatologie und Onkologie, Prof. Dr. med. Markus Manz, Zentrumsleiter, Dr. med. Inga Hegemann, Verantwortliche Hämovigilanz

2017 2016 2015 2014 2013 2012
Total verabreichte Blutprodukte 19'524 22'204 22'602 25'957 30'083 30'786
Transfusionsreaktionen 35 26 13 13 25 22
2017 2016
19'524 22'204

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Materiovigilanz: Überwachung schwerwiegender Vorkommnisse mit Medizinprodukten

Im Berichtsjahr wurden 35 Vorkommnisse mit Medizinprodukten am USZ gemeldet.

  • Zehn Fälle betrafen Infusionsbehälter, die das USZ von der zentralen Zytostatika-Zubereitung der Kantonsapotheke bezieht. Alle Fälle wurden jeweils der Kantonsapotheke, ein Fall an Swissmedic gemeldet. Seit 2018 werden diese Behälter nicht mehr verwendet.
  • 12 Fälle betrafen Probleme bei Einmalprodukten ohne ein schwerwiegendes Vorkommnis und waren somit nicht meldepflichtig. Drei Vorfälle mit verschiedenen Einmalprodukten wurden der Swissmedic gemeldet.
  • Zwei Fälle betrafen Medizingeräte. Bei der internen Untersuchung konnte aber kein meldepflichtiges Vorkommnis festgestellt werden.
  • Ein Fall betraf einen Rollstuhl, bei der internen Untersuchung konnte aber keine Fehlfunktion festgestellt werden.
  • Ein Fall betraf OP-Mehrweg-Instrumente. Bei der internen Untersuchung konnte festgestellt werden, dass diese Instrumente im OP-Sieb ungenügend gesichert sind. Es wurden Sicherungssysteme angeschafft.
  • Ein Fall betraf eine OP-Liege mit einem möglichen Konstruktionsfehler, alle baugleichen OP-Liegen im USZ wurden kontrolliert und der Fall an Swissmedic gemeldet.
  • Ein Fall betraf eine falsch etikettierte Gasflasche, dies wurde Swissmedic gemeldet.
  • Ein Fall betraf den Ausfall eines Navigationssystems im OP, dies wurde Swissmedic gemeldet.
  • Ein Fall betraf eine nicht meldepflichtige Situation mit einem Implantat.
  • Zwei Fälle hatten keinen Bezug zu Materiovigilanz.

Materiovigilanz: Meldungen 2017

Quelle: Materiovigilanz-Verantwortlicher USZ, Holger Giray

2017 2016 2015 2014
Anzahl eingegangener Materiovigilanz-Meldungen 35 28 26 25
Anzahl durchgeführter interner Abklärungen aufgrund von Materiovigilanz-Meldungen 35 28 26 10
Anzahl weitergeleiteter Meldungen an Swissmedic 7 5 10
2017 2016
35 28

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