Seit Jahrzehnten ist es ein Hauptinteresse und grosses Anliegen der Klinik, operative Resultate zu verbessern. Postoperative Komplikationen haben nicht nur grossen Einfluss auf die Gesundheit und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten, sondern sind auch verantwortlich für einen Grossteil der chirurgischen Kosten. Die standardisierte Einteilung von Komplikationen, die Clavien-Dindo-Klassifikation, wurde 2004 publiziert und ist heute das weltweit meist verwendete Einteilungssystem von chirurgischen Komplikationen.
Klinik für Viszeralchirurgie
Benchmarking in der Chirurgie
Zur chirurgischen Qualitätsverbesserung wird neu das Konzept des Benchmarkings umgesetzt. Man bestimmt dabei ein Resultat, das man gerne verbessern möchte, zum Beispiel die Morbidität nach Lebertransplantationen. Zuerst wird die Benchmark erstellt, das heisst es werden für die spezifische Operation die Patienten mit dem zu erwartenden besten Resultat herausgefiltert. Diese Patienten wurden von internationalen Spezialisten in Zentrumsspitälern operiert. Das Ergebnis wird anhand von vordefinierten Parametern, wie zum Beispiel dem Auftreten von schweren Komplikationen, Anastomosenleckagen oder Transplantatversagen gemessen. Sobald diese Benchmark festgelegt ist, kann man seine Patienten entweder als einzelner Chirurg oder als Spital in den einzelnen Parametern mit der Benchmark vergleichen. Somit werden anonym ungenügende Resultate entdeckt und die involvierten Prozesse können überprüft und verbessert werden.
In der Klinik für Viszeralchirurgie wurden für Leberoperationen 1, Lebertransplantationen 2, minimalinvasive Speiseröhrenoperationen 3 und Bauchspeicheldrüsenoperationen 4 Benchmarks gesetzt.
Zum Beispiel liegt die Benchmark von postoperativen schweren Komplikationen (Clavien-Dindo-Klassifikation ≥ 3a) bei Spitalaustritt bei Leberresektionen bei ≤ 6%, bei Pankreasresektionen jedoch bei ≤ 25 % und bei Lebertransplantationen bei ≤ 42%. Der Benchmarkwert für Mortalität bei Spitalaustritt zeigt jedoch weniger ausgeprägte Unterschiede: Leberresektion ≤ 0.25%, Pankreasresektionen ≤ 1.6% und Lebertransplantation ≤ 2 %. Diese Werte wurden auch im Zeitverlauf nach Spitalaustritt erhoben.
Das Konzept des Benchmarkings hat zu Änderungen im chirurgischen Alltag der Viszeralchirurgen geführt. Jede aufgetretene Komplikation wird schon seit einigen Jahren konsequent bis zum Austritt des Patienten prospektiv erhoben. Patienten mit einem komplizierten Verlauf nach einer Operation werden an den wöchentlichen Morbidity-und- Mortality-Konferenzen besprochen. Denn nur im offenen Umgang mit Komplikationen kann das beste Resultat für die Patienten erreicht werden.
Benchmarkwerte für Lebertransplantationen exemplarisch dargestellt
Quelle: Klinik für Viszeralchirurgie, Prof. Dr. med. Pierre-Alain Clavien, Klinikdirektor, Dr. med. Roxane D. Staiger
Morbidität & Mortalität | Bei Entlassung | Nach 3 Monaten | Nach 6 Monaten | Nach 12 Monaten |
---|---|---|---|---|
Alle Komplikationen | ≤ 80% | ≤ 90% | ≤ 90% | ≤ 94% |
Schwere Komplikationen (Grad III) | ≤ 42% | ≤ 54% | ≤ 58% | ≤ 59% |
Mortalität | ≤ 2% | ≤ 4% | ≤ 7% | ≤ 9% |
Referenz:
1 Leberchirurgie: Rossler F, Sapisochin G, Song G, Lin YH, Simpson MA, Hasegawa K, et al. Defining Benchmarks for Major Liver Surgery: A multicenter Analysis of 5202 Living Liver Donors. Ann Surg 2016; 264(3): 492–500.
2 Lebertransplantation: Muller X, Marcon F, Sapisochin G, Marquez M, Dondero F, Rayar M, et al. Defining Benchmarks in Liver Transplantation: A Multicenter Outcome Analysis Determining Best Achievable Results. Ann Surg 2017.
3 Esophagus: Schmidt HM, Gisbertz SS, Moons J, Rouvelas I, Kauppi J, Brown A, et al. Defining Benchmarks for Transthoracic Esophagectomy – A Multicenter Analysis of Total Minimally Invasive Esophagectomy in Low Risk Patients. In. Annals of Surgery; 2017.
4 Pancreas: Sánchez-Velázquez P, Muller X, Giuseppe Malleo G, Park JS, Hwang HK, Napoli N et al. Benchmarks in Pancreatic Surgery: A novel tool for unbiased outcome comparisons (soon to be submitted)
Mortalitätsraten werden seit Jahren auch aus Routinedaten in allen Schweizer Spitälern nach nationalen Vorgaben und Richtlinien erhoben und seit 2009 vom schweizerischen Bundesamt für Gesundheit (BAG) und von der Initiative Qualitätsmedizin (IQM) veröffentlicht.
Ein Vergleich dieser Mortalitätsraten zwischen Spitälern ist nicht sinnvoll. Es braucht eine differenzierte Betrachtung durch vertiefte Analysen der einzelnen Todesfälle anhand der Krankengeschichte und im Peer-Review-Verfahren der Initiative Qualitätsmedizin (IQM). Das Peer-Review-Verfahren ist ein Instrument zur Qualitätssicherung und beruht auf dem Austausch zwischen Fachexperten (Peers). Dabei werden Behandlungsprozesse vor Ort auf mögliche Fehler in den Abläufen, Strukturen und Schnittstellen von Peers untersucht.
Die Mortalitätsraten für den Indikator «Todesfälle bei operativer Entfernung des Dick-/Enddarms» waren im 2017 höher als der IQM Durchschnittswert. Deshalb wird im Jahr 2018 ein externes Peer-Review-Verfahren durchgeführt.
Fallzahlen und Todesfälle bei operativer Entfernung des Dick-/Enddarms
Quelle: Routinedaten 2017 nach CH-IQI Version 5.1., Medizincontrolling
Fallzahlen | Mortalitätsraten | |
---|---|---|
USZ | 234 | 12.4% (29) |
IQM Gesamtdurchschnitt | 36'802 | 7.8% (2'873) |
Legende:
Mortalitätsraten ohne Risikoadjustierung; vertiefte Analysen zeigten, dass Todesfälle am USZ vor allem bei Darmischämien auftraten (21 Todesfälle). Diese Patienten wiesen eine schwere Grunderkrankung auf und hatten ohne Eingriff praktisch keine Überlebenschancen.